Lust und Leid: in Hikkaduwa (German Edition) by Franz Hermann Romberg

Lust und Leid: in Hikkaduwa (German Edition) by Franz Hermann Romberg

Autor:Franz Hermann Romberg [Romberg, Franz Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-30T04:00:00+00:00


In der Firma musste Dieter natürlich seinen Chef, Christoph Poller, informieren. Auch Christoph Pollers Frau war vor Jahren an Brustkrebs erkrankt. Sie hatte den Krebs besiegt, so hatten beide geglaubt und gehofft, bis eines Tages in ihrer gesunden Brust Krebs entdeckt wurde. Christoph hatte Dieter mal gesagt, die Tatsache, dass die zweite Brust nach beinahe fünf Jahren krebskrank ist, heißt nicht, dass ein neuer Krebs entstanden ist, sondern es bedeutet, dass Anne Poller den Krebs nie besiegt hatte. Es war das Todesurteil. Hoffnung konnte es nicht mehr geben, wie Christoph damals erzählt hatte.

Als Anne Poller starb, war Annes und Christophs Tochter Sarah acht Jahre alt. Christoph fragte Dieter jetzt, nachdem der ihn über Helgas Krankheit informiert hatte:

„Wie willst du in der Firma mit dem Thema umgehen?“

„Ich will es nicht verheimlichen“, entgegnete Dieter, „aber ich will auch keine Reklame damit machen.“ Dieter hatte nämlich enorme Probleme, sein Gesicht und seine Stimme unter Kontrolle zu halten, wenn er über Helgas Krankheit reden sollte. Manchmal, wenn er mit Christoph Poller sprach oder mit seinen beiden Mitarbeitern Klaus Linde oder Stefan Ratzeburg, musste er mitten im Satz innehalten, musste er aufhören zu sprechen, manchmal konnte er sein Gegenüber nicht mehr ansehen, sondern guckte mit starrem Blick aus dem Fenster oder in eine Zimmerecke, manchmal minutenlang, bis er sich wieder so weit gefasst hatte, dass er weiterreden konnte.

Christoph Poller informierte alle Mitarbeiter und gab die Parole aus:

„Sprecht den Dieter Neuhaus nicht auf seine Frau an. Lasst ihn einfach in Ruhe. Er ist völlig verzweifelt und kann nicht über die Krankheit seiner Frau reden. Und es ist ihm ganz offensichtlich peinlich, wenn man seine Tränen sieht. Lasst ihn einfach in Ruhe.“

Im Laufe der nächsten Monate änderte sich dies ein wenig und hin und wieder, ganz selten und beinahe verschämt, wurde Dieter gefragt:

„Wie geht es deiner Frau? Ich darf doch fragen, oder?“

Inzwischen versuchte Dieter auch, etwas offensiver mit dem Thema umzugehen. Dieses Thema durfte ja nicht dauerhaft ein Tabu-Thema unter Kollegen sein. So ergab es sich, dass er eines Tages einen Kollegen fragte:

„Von der Krankheit meiner Frau hast du gehört?“

„Nee, was hat die denn?“ log der. Es war offensichtlich, dass Dieter ihn geschockt hatte mit seiner Frage, dass er nicht damit gerechnet hatte und er jetzt nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Das Thema Krebs ist so schlimm, dass manche Leute einfach nicht in der Lage sind, darüber zu reden, wenn es um Nahestehende geht.

„Krebs“, antwortete Dieter kurz.

„Und... und... nichts mehr zu machen?“ stotterte der Kollege. Wahrscheinlich hat er sich sofort über diese dämliche Frage geärgert, aber ein gesprochenes Wort kann man nun mal nicht zurücknehmen.

„Wir gehen davon aus, dass sie wieder gesund wird!“ entgegnete Dieter schroff und heftig und voll eiskalter Wut. Noch viel schlimmer reagierte ein anderer Kollege, als Dieter ihn fragte:

„Du hast von der Krankheit meiner Frau gehört?“

„Nein, deine Frau ist krank? Was Schlimmes?“

„Krebs“, antwortete Dieter mühsam, weil ihm schon wieder die Tränen kamen, und der Kollege fragte tatsächlich:

„Und...und… wie lange dauert es noch?“



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